Archiv für den Monat: März 2012

Bergbau am Hohen Schneeberg (Děčínský Sněžník)

Wir sind heute auf der Suche nach Spuren des Bergbaus am Hohen Schneeberg (Děčínský Sněžník). Der aus Hummel bei Leitmeritz stammende Josef Emanuel Hibsch (1852-1940), der an der Landwirtschaftlichen Akademie in Tetschen-Liebwerd als Professor für Mineralogie, Geologie und Pedologie wirkte, gilt als Entdecker des Fluoritvorkommens am Hohen Schneeberg, auf das er bereits 1906 unterhalb der Süd-Ost-Flanke des Berges stieß.

Stollensystem des Fluoritbergbaus am Hohen Schneeberg, Zeichnung: Petr Nasvadba

Erst ca. 44 Jahre später begann man mit ersten Explorationen des Vorkommens und weitere 5 Jahre später setzte der Abbau auf Fluorit ein, der mit Unterbrechungen bis 1995 andauerte. Nach Schließung des Bergbaus wurden – bis auf einen – alle Zugänge zum Stollensystem gesprengt und auch die oberirdischen Anlagen abgerissen. Dies ist auch der Grund, dass von dem Jahrzehnte andauernden Abbau heute lediglich noch der gemauerte und mit einer Stahltür verschlossene Eingang zur Mine Nr. 4 von den teils erheblichen Abbautätigkeiten zeugt. Immerhin hatte das gesamte in den Berg getriebene Stollensystem eine Länge von über 21 km. Während des Fluoritbergbaus wurden Pseudokarsthöhlen entdeckt, die teilweise Ausdehnungen von 150 m x 30 m x 10 m haben und im Jahre 1999 unter Naturschutz gestellt wurden. Leider sind sie bisher nicht für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.
Das Mineral Fluorit ist auch unter dem Namen Flussspat bekannt, da es bei der Verhüttung von Metallen als Flussmittel benutzt wird.

Fluoreszenz beim Flussspat (vor dem Stolleneingang gefundene Abbaureste)

Der irische Mathematiker und Physiker George Gabriel Stokes benannte das Phänomen der Fluoreszenz nach dem Mineral Fluorit, da dieses die Eigenschaft hat, bei Anregung durch UV-Licht mit spontaner Emission von Licht zu reagieren. Das emittierte Licht hat dabei geringere Energie als das zur Anregung benutzte. Da Energie und Frequenz über $E=h\cdot f$ im Zusammenhang stehen, folgt, dass bei Verwendung von unsichtbarem UV-Licht das emittierte Licht eine geringere Frequenz und damit oftmals eine im sichtbaren Blau (bei noch geringeren Energien sind auch andere Farben möglich) liegende Farbe hat 1. Im Gegensatz zur Phosphoreszenz klingt die Emission bei der Fluoreszenz rasch ab.

Mesozoische Versteinerung, Fundort Hoher Schneeberg

Auf dem Weg zum verbliebenen Eingang der Mine fanden wir, im von den Felshängen des Schneebergs abgestürzten, steinernen Geröll zahlreiche, gut erhaltene Versteinerungen. Überhaupt ist das Gebiet um den Hohen Schneeberg bis hinunter nach Ostrov (Eiland) sehr reich an fossilen Funden. In Rosenthal fand ich auch einen Abdruck, der mich zuerst an eine Art Gliederfüßer denken ließ. Bei der Durchmusterung von fossilen Trilobiten konnte ich jedoch keine Übereinstimmung mit meinem Fund feststellen. Auch eine Assel könnte den Abdruck verursacht haben, jedoch habe ich keine Assel finden können, bei der die Schuppen entlang der Symmetrielinie durchbrochen waren, so wie ich es am Fund zu erkennen glaube. Beim Stöbern auf Seiten, die fossile Funde vorstellen, fand ich dann im Virtual Museum of Fossils der Valdosta State University die Abbildung von Trigonia bivalve, einer Molluske mit etwa dreieckiger Schale. Schon in der Sammlung von ca. 60000 Fundstücken von Fossilien, Pflanzen und Tieren, die Alexander von Humboldt aus Südamerika mitbrachte, befanden sich Exemplare dieser Muscheln.

Trigonia bivalve, Fundort Spanien, 8.6 cm

Die Abbildung zeigt die Muschel von drei Seiten, die Aufnahme in der Mitte, also längs zur Symmetrieebene der Muschel habe ich dem Foto meines Funds übergeblendet. Auch wenn der Fund nur ca. 4.5 cm Längsausdehnung aufweist, also nur etwa halb so groß wie das Fossil aus Spanien ist, kann man doch eine gewisse Ähnlichkeit erkennen.

Trigonia bivalve überblendet zu einem Fund aus Rosenthal-Bialatal

Also doch bloß wieder eine Muschel… Eine hilfreiche Quelle bei der Bestimmung von hiesigen Fossilien ist das Büchlein von Karl Wanderer: Tierversteinerungen aus der Kreide Sachsens. Erschienen 1909, steht es als Digitalisat im Internet Archive zur Verfügung. Ein weiteres für die sächsische Kreide wichtiges Standardwerk ist Das Elbthalgebirge in Sachsen von Hanns Bruno Geinitz. Auch dieses Werk ist als Digitalisat im Internet Archive vorhanden. Eine zeitgemäße Darstellung und viele wertvolle Informationen zu Fossilien der Region findet sich bei Fengler, M. & Göpfert, M. 2011. Die böhmisch-sächsische Kreide. Webseite: www.kreidefossilien.de (Dresden).

Nachtrag:

Zum Bergbau am Hohen Schneeberg habe ich nur wenige Informationen gefunden. Direkt am oben erwähnten Stollenmundloch steht eine sehr liebevoll gestaltete Informationstafel, die in tschechischer und deutscher Sprache zur Geschichte des Fluoritbergbaus am Schneeberg Auskunft gibt. Eine weitere Quelle ist jetzt durch die Veröffentlichung des Dorfchronisten Hans-G. Hering im Dorfblatt 05/2012 der Gemeinde Rosenthal-Bielatal unter dem Titel Der Schatz im “Hohen Schneeberg” hinzugekommen. Hier wird auch erwähnt, dass die Zeichnungen der Informationstafel vom Maler Petr Nasvadba stammen.

Notes:

  1. Eine eindrucksvolle Darstellung des Farbenreichtums fluoreszierender Mineralien findet sich im Wikipedia-Artikel zur Fluoreszenz.