Mit der Eisenbahn von Moldava nach Most

Reisen mit der Eisenbahn lässt einen die Landschaft bekanntlich viel intensiver erleben als eine Autofahrt. Dies gilt ganz besonders für manche Nebenstrecken, die leider immer häufiger aus wirtschaftlichen Erwägungen eingestellt werden. Eine ganz besondere Zeitreise erlebt man auf der Strecke der Eisenbahnlinie von Moldava (Moldau) nach Most (Brüx) im tschechischen Teil des Erzgebirges (Krušné hory).Ausflug mit der Teplitzer Semmeringbahn Die Strecke wurde ursprünglich für den Güterverkehr geplant: Sie sollte die Versorgung des Freiberger Reviers in Sachsen mit Kohle aus dem böhmischen Becken sichern. Nach einer schwierigen Planungs- und Bauphase wurde der böhmische Teil der Bahnstrecke im Jahre 1884 eröffnet. Das der Bau auf böhmischer Seite so kompliziert war, erklärt sich aus dem steilen Südabfall (Höhendifferenz zwischen Moldava und Most über 500 Meter!) der erzgebirgischen Pultscholle. Die ehemalige Bedeutung der Strecke lässt sich aus der Dimensionierung der Bahnhofsanlagen erahnen, die man in dieser eher schwach besiedelten Gegend in der angetroffenen Größenordnung nicht erwarten würde. Nach dem Krieg begann der Niedergang der Linie: Auf deutscher Seite wurden die Gleise von Hermsdorf-Rehefeld bis Moldava im Jahr 1951 demontiert, der planmäßige Zugverkehr zwischen Holzhau und Hermsdorf-Rehefeld bestand noch bis 1972, dann wurde auch dieser Teil der Strecke eingestellt.
Der böhmische Teil der Bahn ist, nach Beseitigung kriegsbedingter Beschädigungen, bis heute in Betrieb geblieben. Bedeutung für den Güterverkehr hat die Strecke freilich nicht mehr, lediglich dem regionalen und touristischem Personenverkehr dient sie noch. Die Fahrt mit der Bahn bietet schöne Ausblicke auf den Bouřňák (deutsch Stürmer) und ins Böhmische Becken bis hinüber ins Böhmische Mittelgebirge mit dem markanten Milešovka (deutsch Milleschauer, auch Donnersberg). Der Bahnhof Dubí ist als Kopfbahnhof errichtet wurden, hier kehrt sich also die Fahrtrichtung der Züge um.
Einige Kilometer vor Most geht die Fahrt durch ein tristes Industrierevier, rauchende Schlote, dampfende Kühltürme und Destillationskolonnen, endlose Reihen von Tankwaggons. Die chemische Industrie hier hat eine lange Tradition, die durch den Aufschluss und Abbau der hier gefundenen Braunkohle begünstigt wurde. Der erste Tagebau im Oberleutensdorfer (heute Litvínov) Revier nahm 1922 seinen Betrieb auf, ein Abbau unter Tage erfolgte wohl um einige Jahre eher. Anfangs nur zu Heizzwecken verwendet, entwickelte sich durch die Entdeckung der “Kohleverflüssigung” durch den deutschen Chemiker und Nobelpreisträger Friedrich Bergius der aufstrebende Industriezweig der Kohlechemie.stw-1943 Der heute hier sichtbare Industriekomplex der Firma Chemopetrol geht auf die ab 1937 von der Sudetenländische Treibstoffwerke AG errichteten Hydrierwerke zurück, die im Bergius-Pier-Verfahren die Produktion synthetischer Treibstoffe aus Braunkohle betrieben. Ähnliche Werke entstanden damals auch im Mitteldeutschen Raum in Leuna und Böhlen, sowie in Westdeutschland. Obwohl die Herstellung synthetischen Benzins aus Braunkohle unwirtschaftlich war, erfuhr sie durch die nationalsozialistische Politik eine starke Förderung, da sie die kriegswichtige Treibstoffproduktion unabhängig vom Erdöl machte. An dieser Stelle zeigt sich, wie sich Teile der deutschen Großindustrie und der Nationalsozialismus gegenseitig begünstigten. Die Sudetenländische Treibstoffwerke AG gehörten zu der Holding Reichswerke Hermann Göring, die für den Betrieb der Anlage benötigte Kohle lieferten die Gruben der Sudentenländische Bergbau AG, welcher nach 1940 durch die sogenannte Arisierung ein großer Teil der Braunkohlengruben um Brüx, Dux und Komotau zufiel. Die Brüder Julius und Isidor Petschek, denen die Aktienmehrheit eines Teiles dieser Gruben gehörte, begannen schon 1932, aufgrund der sich abzeichnenden politischen Entwicklung, ihren Rückzug aus Deutschland und kamen, im Gegensatz zu anderen Mitgliedern dieser jüdischen Familie, so der drohenden Arisierung teilweise zuvor 1. Neben den Reichswerken, profitierte vor allem der Flick-Konzern (welcher sich die Gunst durch großzügige Spenden an die Nazis sicherte) von den Arisierungen, ebenso wie von der Zwangsarbeit von Häftlingen und Kriegsgefangenen.
Der zweite Wegbereiter der Kohlechemie war übrigens Carl Bosch, er führte die von seinem Doktorvater Fritz Haber entdeckte Ammoniaksynthese in ein industrielles Verfahren über und führte damit die Hochdruck-Technik in die chemische Technologie ein. Dafür erhielt er zusammen mit Bergius den Nobelpreis für Chemie. Außerdem war Bosch auch Vorstandsvorsitzender der BASF und der I.G. Farben, zwei weiteren großen Unterstützern und Profiteuren der nationalsozialistischen Politik.
Nach diesem kurzen Exkurs in die Geschichte der chemischen Industrie um Most und einiger damit im Zusammenhang stehender Dinge, wenden wir uns wieder der Bahnfahrt zu. Kaum hat man die Raffinerien hinter sich gelassen, taucht linkerhand auch schon die berühmte Kirche Mariä Himmelfahrt auf. Von dieser Kirche und ihrer spektakulären Fahrt über fast 900 Meter bis zu ihrem jetzigen Platz hat wohl fast jeder schon einmal gehört. Die um Most gefundene Braunkohle führte nämlich ab 1964 zum vollständigen Abriss der Altstadt, um auch Zugriff auf die unter Most lagernden Kohlevorräte zu erhalten. Lediglich die besagte Kirche konnte mit Mitteln der UNESCO gerettet werden. Die Braunkohle war jedoch schon zu einem früheren Zeitpunkt verhängnisvoll für die Stadt: im Jahr 1895 führte eine Bodensenkung infolge eines Treibsandeinbruchs in der Grube Annahilfsbau zum Einsturz eines Teils des Bahnhofsviertels. Fast 2500 Menschen verloren damals innerhalb einer Nacht ihr Obdach. 2
Nach der Vernichtung der Altstadt hat die Architektur der neuen Stadt Most nur wenig geschaffen, das dem menschlichen Auge ein freundliches Verweilen ermöglichen könnte. Schon der Bahnhof und die nähere Umgebung stimmen traurig und wirken wenig einladend. Unser Ziel für den 3-stündigen Aufenthalt in Most soll der Schlossberg mit der Burg Hněvín (ehem. deutsche Bezeichnung: Burg Landeswarte) sein. 3 Der auffällige Kegelberg mit der Burganlage ist bereits von weitem sichtbar gewesen. Jetzt, wo wir uns dem Berg nähern, glauben wir Zeichen von Weinbau an seinem Südhang zu erkennen. Es fällt schwer, das zu glauben, herrschen doch gerade Minusgrade die durch den Wind noch schneidiger wirken. Aber tatsächlich, in dieser Stadt am Fuße des Erzgebirges wird schon seit über 800 Jahren Weinbau betrieben 4. Gelegenheit, den vergorenen Moster Most zu beurteilen, hatten wir allerdings keine.
Unterhalb des Schlossberges laufen wir jetzt durch ein Villenviertel, eines der wenigen Überreste des alten Most. Besonders schön ist die Ulica Jana Žižková, die ehemalige Gorenzstraße. Neben einigen repräsentativen großen Villen findet man entlang der Straße einige gleichartige Kapellen, die ehemals einen Kreuzweg bildeten. Insgesamt gab es 14 Kapellen die die Kreuzweg-Stationen Jesu Christi bis zum Kalvarienberg, der Hinrichtungsstätte vor den Toren Jerusalems nachzeichneten. Ehemals befanden sich in den Mauernischen Fresken mit Darstellungen der Verurteilung durch Pontius Pilatus, der Auferlegung des Kreuzes bis hin zur Kreuzigung, dem Tod, der Kreuzabnahme und schließlich der Grablegung. Die Szenen sind 1939 vom Maler Franz Gruss erneuert wurden, befinden sich aber Momentan nicht mehr in den Kapellen. Die vier Kapellen am Beginn der Straße wurden 1970 bei Straßenbauarbeiten vernichtet. Am Ende der Straße gibt ein Schild auf deutsch Auskunft zum Kreuzweg, von hier zweigt ein Pfad zum Schlossberg ab, dem wir folgen und so zur Burg Hněvín gelangen. Vom ca. 400 m hohen Schlossberg bietet sich ein guter Blick bis zum Erzgebirge im Norden und zum Böhmischen Mittelgebirge in südlicher Richtung. Die heutige Burganlage wurde 1906 nach Plänen von Adolf Schwarzer erbaut. Eine Bebauung des Schlossberges ist aber bis zum 9. Jahrhundert nachgewiesen.Ausflug mit der Teplitzer Semmeringbahn Da durch die frühere Burganlage die Bevölkerung der Stadt in vielen kriegerischen Auseinandersetzungen, zuletzt im Dreißigjährigen Krieg, in starkem Maße zu Leiden hatte, forderte die Bürgerschaft von Most 1651 die Schleifung der Anlage. Dieser Forderung wurde auch entsprochen und erst durch die im 19. Jahrhundert aufkommende Burgenromantik entstand der Wunsch nach einem Wiederaufbau der Anlage, die, wie bereits erwähnt, 1906 durchgeführt wurde. In dem damals geschaffenen Restaurant kann man auch heute noch recht gediegen speisen. Im Burghof fällt eine Statue des Alchemisten Edward Kelley auf. Kelley hatte einen ziemlich zweifelhaften Ruf: In seiner englischen Heimat sollen ihm als Strafe für eine begangene Urkundenfälschung beide Ohren abgeschnitten worden sein. Auf einer mit dem englischen Gelehrten John Dee begonnenen Reise durch Mitteleuropa diente er sich dem böhmischen König Rudolf II. als Alchemist an. Da er die in ihn gesetzten Erwartungen in der Herstellung von Gold nicht erfüllen konnte und er außerdem noch einen Mord beging, wurde er schließlich von Rudolf II. auf der Burg Hněvín festgesetzt, hier starb er auch. Rudolf war alchemistischen Experimenten sehr zugetan, aber auch ein großer Förderer von Wissenschaft und Kunst (an seinem Hof wirkten damals bspw. Tycho Brahe und Johannes Kepler). Die Verbindung von Kelley mit John Dee mag seltsam erscheinen, schließlich war Dee als Mathematiker, Astronom und Kartograph ein geachteter Gelehrter seiner Zeit, er war mit Leuten wie Gerardus Mercator, Gerolamo Cardano und Tycho Brahe befreundet und schrieb eine viel beachtete Einleitung zu Euklids Elementen. Andererseits war er aber auch der Astrologie, der Mystik und Alchemie zugeneigt, was damals auch in aufgeklärten Kreisen nicht ungewöhnlich war. Auf der Suche nach einem “Medium” für die Kontaktaufnahme mit Engeln traf er auf Kelley, der ihn offenbar mit seinen Fähigkeiten zu faszinieren wusste. Überaus interessant ist die mögliche Querverbindung dieses merkwürdigen Duos zum sogenannten Voynich-Manuskript. Dieses rätselhafte, bis heute nicht entschlüsselte Buch mit seinen Darstellungen von Pflanzen, die nicht mit bekannten Gewächsen in Übereinstimmung zu bringen sind, enthält nämlich den Namenseintrag Jakub Horčický z Tepence. Horčický besaß ausgezeichnete botanische und kräuterkundliche Kenntnisse, die ihn zum Leibarzt von Rudolf II. und zum leitenden Destillator der kaiserlichen Laboratorien werden ließen. Er kommt also durchaus als Besitzer des berühmten Manuskripts in Frage. Da John Dee die größte private englische Bibliothek der damaligen Zeit besaß, in der sich unter anderem auch ein Exemplar des Buches Soyga befand, erscheint es möglich, daß Horčický das Voynich-Manuskript von Dee erhielt. Dee kommt dabei sowohl als Besitzer, aber auch als Schöpfer des Manuskripts in Frage. Immerhin ist Dee Autor der hermetischen Arbeit „Monas Hieroglyphica“ und mit Kelley zusammen Schöpfer der henochische Sprache. Möglicherweise entstand das Voynich-Manuskript als Ergebnis mehrerer Séancen, bei denen sich Dee von seinem Medium Kelley diktieren ließ. Dies wäre auch eine gewisse Erklärung für die geringe Qualität der Zeichnungen und den mangelnden Sinn der zugehörigen “Erläuterungen”. In der seltsamen Liaison der beiden Mystiker und ihrem Treiben in Böhmen ist sicherlich noch einiges an Stoff für eine gute Geschichte versteckt.

Notes:

  1. Hist. Kommission der bayr. Akademie der Wissenschaften (Hrsg.): Neue Deutsche Biographie. Bd. 20. S. 285
  2. Bilder der Zerstörung durch den Treibsandeinbruch findet man unter www.boehmisches-erzgebirge.cz
  3. Der Fahrplan der Strecke Moldava-Most-Moldava für 2013 kann hier heruntergeladen werden (für zukünftige Fahrpläne bei der Suche die Stichworte “135, Moldava-Most” verwenden). Die Fahrpreise für die Strecke Moldava-Most und zurück betrugen (Stand: März 2013) für Erwachsene 87 Kč (ca. 3,5€), für Kinder 43 Kč (ca. 1,7€), Billett kann im Zug gekauft werden. Da wir mit dem Zug 12:17 Uhr in Moldava losfuhren, blieben uns nach der planmäßigen Ankunft in Most noch ca. 3 Stunden, die wir für eine kurze Stadtbesichtigung nutzten.
  4. Weinberg Mostecká vinice – Chrámce (Kramitz)

Skitour zum Mückentürmchen (Komáří vížka)

Blick zum Mückentürmchen (Komáří vížka).

Ein früherer Beitrag widmete sich bereits einem von Krupka aus unternommenen Ausflug auf den Mückenberg (tschechisch: Komáří hůrka, Höhe ca. 807 m ü.n.m.) mit seiner reizvollen Aussicht auf das Böhmische Mittelgebirge und das Erzgebirge. Während es damals recht entspannt mit dem Sessellift in die Höhe ging, soll der heutige Ausflug per Ski von Altenberg aus erfolgen. Obgleich die Tour sicherlich keine übermäßigen sportlichen Qualitäten erfordert, sollte man ihr dennoch nicht völlig unvorbereitet folgen. Im Winter gehen über den Erzgebirgskamm häufig stärkere Stürme und führen zu Schneeverwehungen, die Skispuren in wenigen Minuten zum Verschwinden bringen können. Der ebenfalls häufige starke Nebel kann die Sicht auf wenige Meter einschränken und die Orientierung fast unmöglich machen. Bei schlechten Witterungsverhältnissen sollte man die Tour also evtl. unterlassen oder sich entsprechender Navigationshilfen bedienen (gpx-Track der Route ist dem Beitrag zugefügt).
Hat man jedoch das Glück an einem Tag mit schönem Winterwetter und guten Schneeverhältnissen (Wintersportbericht für Altenberg kann hier heruntergeladen werden) zu starten, so kann man sich auf einen sowohl landschaftlich wie auch geschichtlich interessanten Ausflug freuen: Von Altenberg aus geht es erstmal Richtung Kahleberg, dem man bei guter Sicht unbedingt einen kurzen Besuch abstatten sollte. Dann führt die Loipe die Schneise 30 schnurstracks auf den Lugstein zu, den wir jedoch rechts liegen lassen, um an der Wetterstation Zinnwald-Georgenfeld die Grenze zu überschreiten. Nun führt der Weg durch Cínovec, dem früheren Böhmisch Zinnwald, einem auch heute noch von den typischen, sich flach an den Boden duckenden, erzgebirgischen Kammhäusern dominierten Ort. Den meisten Häusern ist anzusehen, dass sie wohl nur noch als Sommerquartier von Erholung suchenden Städtern aufgesucht werden. Trotzdem können sie uns auch heute noch einen Eindruck vom nicht einfachen Leben auf dem rauen Erzgebirgskamm vermitteln. Genaugenommen bestand Böhmisch Zinnwald aus zwei Ortsteilen, nämlich Hinterzinnwald (tschechisch: Zadní Cínovec), das wir gerade passieren und Vorderzinnwald (tschechisch: Přední Cínovec). Der Ortsteil Vorderzinnwald ist heute eine Wüstung, nach der Vertreibung seiner deutschen Einwohner im Jahre 1945 wurde der Ort später dem Erdboden gleich gemacht. Heute findet man nur noch wenige Fundamentüberreste an Stelle der ehemaligen Siedlung und ein Gedenkstein auf deutscher Seite erinnert an den früheren Ort.
Während wir die letzen Häuser von Cínovec hinter uns lassen, erkennt man bereits eine markant geformte kleine Brücke über die Fernverkehrsstraße Nr. 8, der Fortsetzung der deutschen Bundesstraße B170.

Triumphbogen für die Mückenturmfahrer: Brücke über die Straße Zinnwald-Teplice.

Wir nutzen diesen Übergang, um die Straße, ohne die Ski ablegen zu müssen, zu überqueren. Von der Brücke aus hat man einen guten Blick auf die ausgedehnte, ehemalige deutsch-tschechische Gemeinschaftszollanlage. Diese für ca. 15 Mio € erbaute Anlage wurde 2001 fertiggestellt und beendete ihren Dienst bereits Ende 2007 durch In-Kraft-Treten des Schengener Abkommens. Ebenfalls Geschichte ist der Schwerlastverkehr, der sich seit Fertigstellung der Autobahn A17 und ihrer Fortsetzung auf tschechischer Seite glücklicherweise nicht mehr die steilen Straßen entlangwälzen muss.
Direkt an der Straße liegt das schöne Berghotel Pomezí, das in den Jahren 1930/31 vom Hotelierehepaar Josef und Anna Stephan erbaut wurde und damals den Namen Berghotel Ausspanne trug. Nun fahren wir eine Weile entlang eines Weges und überqueren eine Wiese, bis wir am Waldrand an eine Gabelung stoßen. Wir nehmen den rechten Weg, welcher bald stetig bergab geht, sodass wir nach einigen Kilometern rasant an Tempo gewinnen können (Vorsicht bei schnellem, verharschtem Schnee!).

Überreste des ehemaligen Forsthaus Siebengiebel

Nach einiger Zeit läuft die Strecke aus und wir stoßen auf ein verwahrlostes Gebäude mit einer gefassten Quelle daneben.
Forsthaus-Siebengiebel
Eine Informationstafel klärt darüber auf, dass sich hier ehemals das Forsthaus Siebengiebel der böhmischen Fürstenfamilien Clary und Aldringen befand. Heute finden sich davon nur noch Fundamentreste und der erwähnte verwahrloste Anbau, auf dem ein Holzschild mit der Aufschrift Hájovna pod sedmi štíty (Jagdhütte unter den sieben Giebeln) die Zugehörigkeit zum Jagdhaus erahnen lässt. Während des zweiten Weltkrieges befand sich hier eine Außenstelle des Kriegsgefangenlagers der Wehrmacht Wistritz Stalag IVc 1. Zuletzt diente es als Kindererholungsheim 2.
Die Informationstafel neben dem Gebäude ist übrigens Teil des Lehrpfades “Vorderzinnwald, das Leben unserer Vorfahren im Osterzgebirge”, welcher von Schülern des bischöflichen Gymnasium Mariaschein (Bohosudov) und der Mittelschule Geising gemeinsam erstellt wurde. Gefördert wurde das Projekt unter anderem vom deutsch-tschechischen Zukunftsfond. Da sowohl auf deutscher wie auch auf tschechischer Seite bisweilen die Tendenz besteht, ungeliebte Bereiche der eigenen Geschichte auszublenden oder zu beschönigen, ist ein Projekt, in dem Jugendliche beider Länder sich gemeinsam ein Verständnis für die Geschichte der Grenzregion erarbeiten, kaum genug zu loben. Dass gerade unter den jungen Menschen in der Tschechischen Republik ein starkes Interesse an der Geschichte der Grenzregion aufkeimt, zeigen Bürgerinitiativen, wie die von Schülern und Studenten unter dem Namen Antikomplex gegründete, die mit ihrer Ausstellung „Zmizelé sudety – Das verschwundene Sudetenland“ auch in Deutschland bekannt wurde.

Blick zum Vrch tří pánů und zum Bouřňák.

Von Siebengiebel aus geht die Strecke angenehm in der Ebene weiter und bei guter Sicht öffnet sich immer wieder der Blick bis hinüber zum Bouřňák (deutsch: Stürmer, 869 m) und zum Vrch tří pánů (deutsch: Dreiherrenhügel, 875 m) nordwestlich von Teplice. Einige Kilometer vor Erreichen des Mückenbergs lichtet sich der Wald und gibt schon den Blick auf unser Ziel frei: das Mückentürmchen erscheint aus der Ferne wie ein Schloss. Da der Berg über die Straße von Krupka aus mit dem Auto erreichbar ist, herrscht auch im Winter viel Betrieb auf dem Mückenberg und die Gasthäuser sind um die Mittagszeit bei schönem Wetter oftmals überfüllt. Über die Kapelle St.-Wolfgang, nebst dem anliegenden alten Friedhof und zum Mückentürmchen habe ich an anderer Stelle schon berichtet. Das Mückentürmchen ist Etappe einer bekannten Skiroute, der sogenannten “Hohen Tour”. Diese folgt von hier der Richtung Habartice (ehem.: Ebersdorf), Adolfov (ehem.: Adolfsgrün) und läuft über Tisa nach Maxičky um schließlich bei Dolní Žleb an der Elbe zu enden, auch eine Variante von Maxičky über das Böhmische Tor nach Schöna ist möglich. Wir heben uns diese Route für später auf und treten den Rückweg an. Ein kleines Stück fahren wir den Hinweg zurück und folgen dann der roten Markierung in den Wald Richtung Lysa Hora (deutsch: Kahler Berg). Auf dem Weg begegnen uns noch einige interessante Informationstafeln des weiter oben erwähnten Lehrpfades, unter anderem über den Mundartdichter Max Tandler. Schließlich treffen wir wieder auf den uns von der Hinfahrt bekannten Weg, den wir nun bis Altenberg zurückfahren.


Zum Schluss noch einige Leseempfehlungen:

Bürgerinitiative Antikomplex (Hrsg.): Zmizelé Sudety – Das verschwundene Sudetenland. Verlag Český Les. 2004.

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Das Buch zur Ausstellung “Das verschwundene Sudetenland”. Die Autoren versuchen die Standorte der Fotografen von vor dem Krieg gemachten Aufnahmen einzunehmen und stellen die heutigen Ansichten den alten Aufnahmen gegenüber. Die Bilddokumentation ist in die einzelnen Regionen des Sudetengebietes gegliedert, die jeweils durch eine kurze Charakterisierung des Gebiets eingeleitet werden. Bedrückender noch als die Fotografien sind manche der von Besuchern der Ausstellung gemachten Einträge in der Chronik zur Ausstellung.


Auf der Website www.zanikleobce.cz finden sich zahlreiche Bilder zu verschwunden Orten und Objekten des Sudetengebietes.


Peter Rölke (Hrsg.): Wander- & Naturführer Osterzgebirge. Berg- & Naturverlag Rölke. 2007.

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Die Bücher der Reihe Wander- & Naturführer des Berg- & Naturverlags Rölke aus Dresden sind bekannt für ihre neben der eigentlichen Routenbeschreibung gelieferten Vertiefungen zur Geschichte, zur Pflanzen- und Tierwelt des Gebiets. Auch eine Einführung in die Geologie der Region wird gegeben. Die Region um das Mückentürmchen, Altenberg, Geising und Zinnwald wird durch zahlreiche interessante Exkursionen erschlossen.


Brunos erster Skiausflug

Genaugenommen war es nicht der erste Skiausflug, denn etwa eine Woche vorher führte das Skiteam des SV Grün-Weiß Pirna ein Ski-Trainingslager für die Kindergruppe durch, an dem auch Bruno teilgenommen hatte. Als Familienausflug war es jedoch eine echte Premiere.
Startpunkt war natürlich der Parkplatz unterhalb des Altenberger Rodelhangs, von dort ging es die gut gespurte Loipe Richtung Kahleberg. Nähert man sich dem Kahleberg wie wir von Süden, so fällt es schwer von Berg zu sprechen. Erst die Aussicht nahe der Kahlebergbaude lässt den steilen Nordabfall erkennen. Immerhin ist der Berg die höchste Erhebung im sächsischen Teil des Osterzgebirges. Teils dichter Nebel sorgte bei unserem Besuch aber für weniger gute Sicht, bis zum Geisingberg reichte der Blick jedoch. Außerdem konnte man die Skihütte des SV Grün-Weiß Pirna unterhalb des Kahlebergs an der Straße, die Altenberg mit Rehefeld verbindet, erkennen. Diese Skihütte ist das ehemalige Huthaus zur Paradies-Fundgrube, also Zeugnis des Bergbaus unterhalb des Kahlebergs.

Huthaus zu Paradies-Fundgrube (Poststempel der Karte: 1910)

Huthaus zu Paradies-Fundgrube (Poststempel der Karte: 1910)

Ein Huthaus diente der Aufbewahrung der bergmännischen Werkzeuge (Gezähe), die hier behütet wurden. Weitere vom Kahleberg gut erkennbare Spuren des Bergbaus sind die beiden Galgenteiche und natürlich die Altenberger Pinge. Selbst der Name des Kahlebergs ist dem Bergbau geschuldet: der hohe Holzverbrauch im früheren Bergbau, bedingt durch Praktiken wie Feuersetzen, Erzröstung und natürlich der Holzkohlebedarf für die Verhüttung, führten schon früh zu großflächigen Abholzungen im Erzgebirge. In jüngerer Zeit war vor allem der Rauchgaseintrag der nordböhmischen Kohlekraftwerke und die dadurch verursachten massiven Waldschäden für die kahlen Stellen verantwortlich.
Die exponierte Stellung des Kahlebergs ließ ihn übrigens eine wichtige Rolle bei der königlich-sächsischen Triangulation spielen. Wie auch unser Schneeberg diente er als Station erster Ordnung im Dreiecksnetz der Landesvermessung, die damals zu den fortschrittlichsten Europas zählte.

Wir verlassen nun den Kahleberg und fahren eine gerade Schneise entlang bis zur Beerenhütte, wo wir uns erstmal aufwärmen und einen Imbiss nehmen.

Nur wenige Meter von der Beerenhütte entfernt, direkt an der deutsch-tschechischen Grenze, steht die Zinnwalder Wetterwarte. Sie existiert seit 1971 an diesem Standort und löste die Wetterwarte auf dem Geisingberg ab. Die Station führt auch einige Sondermessungen durch, bspw. wird der Gehalt von Schwefeldioxid, Stickoxiden und Staub, seit 2001 auch die Radioaktivität in der Luft aufgezeichnet. In der Nähe der Wetterwarte sind zahlreiche schräge Gestelle zu sehen, deren Sinn sich in ihrem momentanen Zustand nur schwer erraten lässt. Vor einigen Jahren lagerten auf diesen Gestellen Bewitterungsproben von Materialien, deren Lebensdauer durch die Wetterexponierung festgestellt werden sollte. Der Standort dafür ist durchaus geeignet, gilt Zinnwald-Georgenfeld doch als die kälteste bewohnte Ortschaft Deutschlands.

Nachdem wir uns in der Beerenhütte gestärkt haben, fahren wir in Richtung Lugsteinbaude und diese hinter uns lassend, streifen wir das Georgenfelder Hochmoor. Der Name Hochmoor leitet sich übrigens nicht von der Lage des Moores im Gebirge ab, sondern von dem Umstand, dass sich der Bewuchs des Moores zur Mitte hin stark aufwölbt. Entstanden ist das Georgenfelder Hochmoor durch Schmelzwasser der abtauenden Firnschneekappe des Gebirgerückens, ein Überbleibsel der Elstereiszeit. Das Hochmoor lohnt sicher einmal einen separaten Besuch in der wärmeren Jahreszeit, beherbergt es doch zahlreiche seltene Pflanzen, wie z.B. den rundblättrigen Sonnentau.

Folgt man der Loipe weiter, gelangt man nach gut einem Kilometer an eine Gabelung. Von hier unternehmen wir einen kleinen Abstecher zum Schwarzen oder Wüsten Teich. Dieser Teich wurde immerhin schon im 15. Jahrhundert angelegt 1, er diente der Wasserversorgung der Erzwäschen des hier betriebenen Zinn-Bergbaus.

Wildschweinspuren am Wüsten Teich

Wildschweinspuren am Wüsten Teich

Am Wegrand waren übrigens beeindruckende Spuren von Wildschweinen zu entdecken, die große Flächen auf der Suche nach Essbarem regelrecht umgegraben hatten.

Nun ist nochmal ein etwas steilerer Anstieg zu bewältigen, an dessen Ende wir wieder auf den Kreuzungspunkt Kahleberg-Lugstein treffen, von hier folgen wir im Wesentlichen der Route, die wir gekommen sind und genießen, dass der Weg von nun an nur noch bergab verläuft.

Wanderung zum Hohen Schneeberg (Děčínský Sněžník), Inversionswetterlage

Als wir vom Bielagrund auf ca. 380 m Höhe starteten, war es herbstlich kühl und nebelig, was es auch den ganzen Tag über blieb. Trotzdem erwartete uns nur wenige Kilometer weiter ein herrlicher Spätsommertag und die Welt stand gewissermaßen auf dem Kopf (zumindest der vertikale Temperaturgradient). Noch die Kammbaude unterhalb des Schneebergs lag in dichtem Nebel, erst auf dem Weg zum Gipfelplateau des Hohen Schneebergs lichtete sich mit jedem zusätzlichen Höhenmeter der Nebel und es umgab uns eine angenehm milde Luft. Oben angekommen, erwartete uns eine prächtige Aussicht auf die herbstlich gefärbten Wälder, die aus einer nebelfreien Linse um den Schneeberg herum sichtbar wurden, während die weitere Umgebung, insbesondere das ganze Elbtal, unter einer dichten Nebelschicht lag. In Kanada hätte man wohl vom Indian Summer gesprochen. Die tiefstehende, noch intensiv strahlende Spätsommer-Sonne tauchte alles in ein märchenhaftes Licht und wir genossen diesen wunderbaren Tag in Vorahnung der kalten, dunklen Tage.

Nachtrag: Wer sich vorab über die Sichtverhältnisse auf dem Hohen Schneeberg informieren will, kann dies über die am Gasthaus installierte Webcam tun.

Mit dem Sessellift auf den Mückenberg (Komáří hůrka)

Von der alten böhmischen Bergstadt Krupka (deutsch: Graupen) führt uns ein Sessellift auf den Mückenberg (Komáří hůrka) auf ca. 807 m Höhe. Die Gondeln sind transversal zur Fahrtrichtung ausgerichtet, glücklicherweise haben sich unsere Köpfe aber als drehbar erwiesen. Als die Seilbahn 1952 nach zweijähriger Bauzeit fertiggestellt wurde, war sie die längste (2348 m) Mitteleuropas und ist heute noch die längste in Tschechien ohne Zwischenstation. Sie gehört zum Typ der kuppelbaren Sesselbahnen: Die Sessel können zum Zwecke des einfacheren Zu- und Abstiegs vom Förderseil gelöst werden. Dieses Merkmal erforderte zur Errichtung eine Schweizer Lizenz. Die Seilbahn startet im Stadtteil Bohosudov (Mariaschein), der vor allem für seine gleichnamige Wallfahrtskirche bekannt ist.

Blick auf die Wallfahrtskirche Mariaschein

Eine weitere Sehenswürdigkeit ist die kleine Kirche St. Anna mit dem dazugehörigen Friedhof. Schon dem Dresdner Maler Adrian Ludwig Richter ist dieses idyllisch gelegene Kirchlein aufgefallen: Er malte es 1836. Das Gemälde hängt heute im Niedersächsischen Landesmuseum in Hannover.

Ludwig Richter: St. Anna, Graupen


Auf dem Mückenberg steht das beliebte Ausflugsrestaurant Mückentürmchen (Komáří vížka). Der Turm war ursprünglich ein Glockenturm, der die Bergleute zur Arbeit rief. Etwas unterhalb des Gipfels, auf dem Weg zur Straße Krupka-Vojtovice steht die St.-Wolfgangs-Kapelle. Ihr Ursprung geht zurück bis zum Jahr 1360, dem Jahr der Weihe auf den hl. Wolfgang, dem Bischof von Regensburg.

St-Wolfgangs-Kapelle

Die heutige Kapelle ist allerdings erst gegen 1700 errichtet wurden, der vorherige Bau fiel einer Zerstörung zum Opfer. Die Gräber auf dem Friedhof der St.-Wolfgangs-Kapelle beherbergen die Toten der ehemals mehrheitlich deutschen Bewohner, ein Familienname findet sich auf besonders vielen Gräbern. Krupka hat eine lange bergbauliche Tradition, selbst der Name soll auf die Zinngraupen zurückzuführen sein, die man in den Bächen der Umgebung fand. Über den Mückenberg führt ein grenzüberschreitender Bergbaulehrpfad hinunter nach Krupka (der andere Endpunkt des Lehrpfads ist in Zinnwald) und passiert dabei den Museumsstollen Alter Martin und die Burg Krupka, bevor er am Stadtmuseum in Krupka endet.

Eine morgendliche Überraschung

Heute morgen wartete eine tierische Überraschung vor unserer Garagentür: Bruno entdeckte den trägen Gast und sorgte so dafür, dass er nicht unter die Räder kam. Es handelte sich um einen Bergmolch (Triturus alpestris oder auch Ichthyosaura alpestris). Ein Wassermolch, der als Amphibie sowohl an Land wie auch im und unter Wasser anzutreffen ist. Besonders markant: seine leuchtend orange gefärbte Bauchseite (auch bei unserem Exemplar zu erkennen). Laut Augst und Riebe (Die Tierwelt der Sächsischen Schweiz, Berg- und Naturverlag Rölke) der häufigste Wassermolch der Sächsischen Schweiz.

Bergbau am Hohen Schneeberg (Děčínský Sněžník)

Wir sind heute auf der Suche nach Spuren des Bergbaus am Hohen Schneeberg (Děčínský Sněžník). Der aus Hummel bei Leitmeritz stammende Josef Emanuel Hibsch (1852-1940), der an der Landwirtschaftlichen Akademie in Tetschen-Liebwerd als Professor für Mineralogie, Geologie und Pedologie wirkte, gilt als Entdecker des Fluoritvorkommens am Hohen Schneeberg, auf das er bereits 1906 unterhalb der Süd-Ost-Flanke des Berges stieß.

Stollensystem des Fluoritbergbaus am Hohen Schneeberg, Zeichnung: Petr Nasvadba

Erst ca. 44 Jahre später begann man mit ersten Explorationen des Vorkommens und weitere 5 Jahre später setzte der Abbau auf Fluorit ein, der mit Unterbrechungen bis 1995 andauerte. Nach Schließung des Bergbaus wurden – bis auf einen – alle Zugänge zum Stollensystem gesprengt und auch die oberirdischen Anlagen abgerissen. Dies ist auch der Grund, dass von dem Jahrzehnte andauernden Abbau heute lediglich noch der gemauerte und mit einer Stahltür verschlossene Eingang zur Mine Nr. 4 von den teils erheblichen Abbautätigkeiten zeugt. Immerhin hatte das gesamte in den Berg getriebene Stollensystem eine Länge von über 21 km. Während des Fluoritbergbaus wurden Pseudokarsthöhlen entdeckt, die teilweise Ausdehnungen von 150 m x 30 m x 10 m haben und im Jahre 1999 unter Naturschutz gestellt wurden. Leider sind sie bisher nicht für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden.
Das Mineral Fluorit ist auch unter dem Namen Flussspat bekannt, da es bei der Verhüttung von Metallen als Flussmittel benutzt wird.

Fluoreszenz beim Flussspat (vor dem Stolleneingang gefundene Abbaureste)

Der irische Mathematiker und Physiker George Gabriel Stokes benannte das Phänomen der Fluoreszenz nach dem Mineral Fluorit, da dieses die Eigenschaft hat, bei Anregung durch UV-Licht mit spontaner Emission von Licht zu reagieren. Das emittierte Licht hat dabei geringere Energie als das zur Anregung benutzte. Da Energie und Frequenz über $E=h\cdot f$ im Zusammenhang stehen, folgt, dass bei Verwendung von unsichtbarem UV-Licht das emittierte Licht eine geringere Frequenz und damit oftmals eine im sichtbaren Blau (bei noch geringeren Energien sind auch andere Farben möglich) liegende Farbe hat 1. Im Gegensatz zur Phosphoreszenz klingt die Emission bei der Fluoreszenz rasch ab.

Mesozoische Versteinerung, Fundort Hoher Schneeberg

Auf dem Weg zum verbliebenen Eingang der Mine fanden wir, im von den Felshängen des Schneebergs abgestürzten, steinernen Geröll zahlreiche, gut erhaltene Versteinerungen. Überhaupt ist das Gebiet um den Hohen Schneeberg bis hinunter nach Ostrov (Eiland) sehr reich an fossilen Funden. In Rosenthal fand ich auch einen Abdruck, der mich zuerst an eine Art Gliederfüßer denken ließ. Bei der Durchmusterung von fossilen Trilobiten konnte ich jedoch keine Übereinstimmung mit meinem Fund feststellen. Auch eine Assel könnte den Abdruck verursacht haben, jedoch habe ich keine Assel finden können, bei der die Schuppen entlang der Symmetrielinie durchbrochen waren, so wie ich es am Fund zu erkennen glaube. Beim Stöbern auf Seiten, die fossile Funde vorstellen, fand ich dann im Virtual Museum of Fossils der Valdosta State University die Abbildung von Trigonia bivalve, einer Molluske mit etwa dreieckiger Schale. Schon in der Sammlung von ca. 60000 Fundstücken von Fossilien, Pflanzen und Tieren, die Alexander von Humboldt aus Südamerika mitbrachte, befanden sich Exemplare dieser Muscheln.

Trigonia bivalve, Fundort Spanien, 8.6 cm

Die Abbildung zeigt die Muschel von drei Seiten, die Aufnahme in der Mitte, also längs zur Symmetrieebene der Muschel habe ich dem Foto meines Funds übergeblendet. Auch wenn der Fund nur ca. 4.5 cm Längsausdehnung aufweist, also nur etwa halb so groß wie das Fossil aus Spanien ist, kann man doch eine gewisse Ähnlichkeit erkennen.

Trigonia bivalve überblendet zu einem Fund aus Rosenthal-Bialatal

Also doch bloß wieder eine Muschel… Eine hilfreiche Quelle bei der Bestimmung von hiesigen Fossilien ist das Büchlein von Karl Wanderer: Tierversteinerungen aus der Kreide Sachsens. Erschienen 1909, steht es als Digitalisat im Internet Archive zur Verfügung. Ein weiteres für die sächsische Kreide wichtiges Standardwerk ist Das Elbthalgebirge in Sachsen von Hanns Bruno Geinitz. Auch dieses Werk ist als Digitalisat im Internet Archive vorhanden. Eine zeitgemäße Darstellung und viele wertvolle Informationen zu Fossilien der Region findet sich bei Fengler, M. & Göpfert, M. 2011. Die böhmisch-sächsische Kreide. Webseite: www.kreidefossilien.de (Dresden).

Nachtrag:

Zum Bergbau am Hohen Schneeberg habe ich nur wenige Informationen gefunden. Direkt am oben erwähnten Stollenmundloch steht eine sehr liebevoll gestaltete Informationstafel, die in tschechischer und deutscher Sprache zur Geschichte des Fluoritbergbaus am Schneeberg Auskunft gibt. Eine weitere Quelle ist jetzt durch die Veröffentlichung des Dorfchronisten Hans-G. Hering im Dorfblatt 05/2012 der Gemeinde Rosenthal-Bielatal unter dem Titel Der Schatz im “Hohen Schneeberg” hinzugekommen. Hier wird auch erwähnt, dass die Zeichnungen der Informationstafel vom Maler Petr Nasvadba stammen.

Notes:

  1. Eine eindrucksvolle Darstellung des Farbenreichtums fluoreszierender Mineralien findet sich im Wikipedia-Artikel zur Fluoreszenz.

…wie wenn ein Sprung / durch eine Tasse geht…

So reißt die Spur / der Fledermaus durchs Porzellan des Abends.

Beim morgendlichen Ankleiden meldete Felix plötzlich ungewöhnliche Vorfälle im Kamin. Tatsächlich fand sich dort eine kleine Fledermaus, die offensichtlich über den Schornstein eingeflogen war und nicht mehr zurückfand. Sie wurde befreit und in einem Schälchen auf das Fensterbrett gestellt. Als wir später wieder nach ihr sahen war sie bereits fortgeflogen.
Fledermäuse sind im Bielagrund nicht selten, während abendlicher Spaziergänge haben wir sie oftmals beobachten können. An ihrem hektischen, unregelmäßigen Flug kann man sie auch bei schlechten Sichtverhältnissen sicher von den Vögeln unterscheiden. Manchmal, wenn wir an warmen Sommerabenden auf dem Balkon saßen, haben wir ganze Fledermaus-Schwärme um die Wipfel der Fichten tanzen sehen.
Das sich eine Fledermaus in den Schornstein verirrt, ist ebenfalls nicht ungewöhnlich. Wir fanden sogar vor längerer Zeit einmal eine tote Fledermaus im Kachelofen, sie fand den Rückweg aus dem Labyrinth der Abgaszüge nicht mehr.
Die von Rainer Maria Rilke stammende, wunderbar bildhafte Beschreibung des Feldermausflugs, die diesem Artikel als Einleitung diente, ist der Achten seiner Duineser Elegien entnommen.
Dort finden wir auch

Uns überfüllts. Wir ordnens. Es zerfällt.
Wir ordnens wieder und zerfallen selbst.

Dieser Vers ist für mich ein poetisches Gleichnis für eine Aussage des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik: das Gleichgewicht eines isolierten thermodynamischen Systems ist durch ein Maximalprinzip der Entropie gekennzeichnet. Wir können uns während unserer Lebenszeit diesem Prinzip entgegenstellen – entkommen werden wir ihm nicht. Mit unserem Tod streben auch wir der Entropiemaximierung zu.
In Duino, wo Rilke ein Teil seiner Elegien schuf, starb 1906 der große Physiker Ludwig Boltzmann durch Suizid. Auf seinem Grabstein ließ Max Planck die von Boltzmann gefundene Beziehung $$S=k \log{W}$$ setzen. $S$ ist die Entropie der mikrokanonischen Gesamtheit. Diese Formel und die oben gemachte Aussage des zweite Hauptsatzes der Thermodynamik zur Entropiemaximierung sind verwandt.
Die Ahnung der Dichter und das Wissen der Naturwissenschaftler sind mit einem unsichtbaren Band miteinander verbunden.

14.01.2013, Nachtrag:

Ein Artikel im Berliner Tagesspiegel machte mich auf eine interessante Tatsache aufmerksam, die mir bisher entgangen war: Fledermäuse können, wie offenbar die meisten Arten von Warmblütern Tollwut übetragen. Bei der von Fledermäusen übetragbaren Tollwut, handelt es sich um einen bestimmten Genotyp des Lyssavirus (der Gattung der alle Tollwutviren angehören), die von ihm verursachte Krankheit verläuft aber beim Menschen ebenso tödlich wie die durch das klassische Tollwutvirus hervorgerufene Krankheit. Während die terrestrische Tollwut (also die von Landtieren, wie Füchsen und Hunden übertragene Krankheit) in Deutschland seit 2008 als ausgerottet gilt, sind zwischen 2005 und 2009 insgesamt 47 Fälle der sogenannten Fledermaus-Tollwut erfasst wurden. Im Vergleich dazu werden in Indien jährlich zwischen 18000 und 22000 menschlicher Tollwutfälle registriert.
Ohne Behandlung ist die Tollwut eine zu 100% tödliche Erkrankung (auch wenn in jüngster Zeit von Resistenzen unter bestimmten Amazonas-Indianern berichtet wurde). Auch nach einem Biss besteht die Möglichkeit einer sogenannten postexpositionelle Prophylaxe, die hunderprozentigen Erfolg aufweist, sofern die Krankheit noch nicht zum Ausbruch gekommen ist.
Da die in Deutschland vorkommenden kleinen Fledermausarten Insektenfresser sind, die größeren Arten allenfalls kleine Tiere wie Mäuse, Frösche etc. jagen, muß ein Biss beim Menschen als ungewöhnlich gelten und man sollte unbedingt ein Krankenhaus zur PEP aufsuchen.

Aktuelle Aussichten

Für alle die es interessiert, hier der stündlich aktualisierte Blick auf den Großvaterstuhl im Bielatal…

Ansicht wird stündlich aktualisiert.

Die Wetterdaten für Rosenthal-Bielatal stammen von der Station in Rathmannsdorf im Landkreis Sächsische Schweiz. Die Station ist zwar nur ca. 11 km Luftlinie vom Standort der Webcam in Rosenthal entfernt, allerdings liegt Rathmannsdorf im Elbtal (rechtselbisch) und Rosenthal liegt linkselbisch und das Wetter wird eher durch die Nähe zum Osterzgebirge bestimmt. Bis Altenberg im Erzgebirge sind es lediglich 21 km Luftlinie und das dortige Wetter kann auch als ein guter Anhaltspunkt für das Wetter im Bielagrund dienen.